Was unternimmt die Kreuzfahrtbranche für den Umweltschutz?
Die Kreuzfahrtindustrie erfreut sich immer grösserer Beliebtheit und wenn man die aktuellsten Zahlen der CLIA (Cruise Line International Association), also des Branchenverbandes, anschaut, dann wird einem klar: das «Nischenprodukt» Kreuzfahrten ist grösser und hat mehr Potenzial als viele denken. Die aktuellsten Zahlen der CLIA zeigen, dass weltweit über 28 Millionen Menschen im Jahr 2018 auf einem Kreuzfahrtschiff ihren Urlaub verbracht haben. Die durchschnittliche Dauer einer Kreuzfahrt betrug 7 Tage. Weltweit gesehen, haben somit nur 0.4% der gesamten Bevölkerung eine Kreuzfahrt unternommen – das Potenzial ist also deutlich ersichtlich. Doch mit der ansteigenden Anzahl Passagieren und auch Schiffen, steigt auch der Druck bezüglich dem Klimaschutz. Bekanntlich sind ja Kreuzfahrtschiffe «Drecks-Pötte» oder auch «Drecksschleudern» und mit der polarisierenden Umweltdebatte wird der Druck gegenüber Reedern immer höher. Was viele aber nicht wissen: nur ca. 300 Kreuzfahrtschiffe sind weltweit im Einsatz und über 52'000 Cargoschiffe, die deutlich umweltschädlicher fahren. Was tut denn also eine Kreuzfahrtreederei in Bezug auf den Klimaschutz und in wie fern schütz das unser Klima?
Scrubber - Abgasnachbehandlungssystem
Als das Thema Umweltschutz auch in der Kreuzfahrtbranche Fuss fasste, waren ziemlich alle Reedereien einer Meinung: wir müssen etwas für den Umweltschutz tun. Was oftmals als «Greenwashing» dargestellt wird, ist aber in der Realität ein klarer Schritt in der Zukunft und vor allem in eine saubere Zukunft. Angefangen hat das Ganze mit den sogenannten Scrubber, welche die Reedereien in ihre ältesten Schiffe nun einbauen lässt. Das zeigen auch diverse Werften, denn diese sind für die kommenden Jahren mehr als nur ausgebucht. STX France, Fincantieri, Navantia, Damen oder Grand Bahamas Shipyard – nur einige der vielen Werften in Europa und auf den Bahamas, die in den nächsten Jahren ihre Trockendocks voll ausgelastet haben bezüglich Wartungsarbeiten an Kreuzfahrtschiffen. Aber was sind Scrubber? Scrubber sind sogenannte Abgasnachbehandlungssysteme, welche beim Bau eins neuen Kreuzfahrtschiffs oder auch im Nachhinein eingebaut werden können. Mit dem sogenannten Scrubber werden Schwefeloxide um 99% und der Partikelausstoss um bis zu 60%verringert. Es gibt jeweils ein offener und geschlossener Kreislauf. Der offene Kreislauf ist ganz einfach erklärt. Aus dem Meer wird Salzwasser gepumpt, welches die Abgase per Hochdruck reinigt, bevor die Emissionen in die Atmosphäre geleitet werden. Dieser Vorgang wird vor allem im offenen Gewässer benutzt, wo das gereinigte Salzwasser wieder ins Meer gepumpt werden kann. Beim geschlossenen Vorgang wird Süsswasser genutzt, welches dann nach der Reinigung in einen speziellen Tank zurückgeht und dort gelagert wird, bis es im nächsten Hafen ordnungsgemäss entsorgt werden kann. Dieses System kommt vor allem in geschützten Gebieten oder in Häfen zu Anwendung.
Revolution: LNG (Flüssigerdgas)
Es ist fakt, dass Flüssigerdgas um einiges weniger an Emissionen ausstosst als Dieselöl oder Schweröl. Die Partikelemissionen werden komplett und die Stickoxidemissionen erheblich gesenkt. Besonders in der Schifffahrt und in der Kreuzfahrtbranche gewinnt LNG (Liquified Natural Gas) an immer mehr Bedeutung. Die AIDAprima und AIDAperla waren die ersten Kreuzfahrtschiffe, welche in gewissen Häfen in Nordeuropa, im Mittelmeer sowie den Kanarischen Inseln mit Flüssigerdags betrieben werden. AIDAnova, welche nun mit einem Dual-Fuel-Dieselmotor betrieben wird, kann einerseits mit Gas oder Schweröl fahren. Dies dient natürlich auch dazu, dass ein solches Schiff in gewissen Seefahrtgebieten, in denen strengere Vorschriften gelten, problemlos herumkreuzen kann. Solche Gebiete nennt man auch Emission Controlled Area und sind vor allem in der Ost- sowie Nordsee. Insgesamt sind neun Kreuzfahrtschiffe im Bau, welche wie AIDAnova mit einem Dual-Fuel-Dieselmotor ausgestattet werden.
Doch wie alles andere hat auch Flüssigerdgas eine Kehrseite und nämlich ist LNG nicht in allen Häfen weltweit vorhanden und daher grenzt sich das Fahrtgebiet solcher Kreuzfahrtschiffe in den nächsten Jahren erheblich ein. Das Mittelmeer, die Kanarischen Inseln, gewisse Häfen in der Nordsee bieten bereits Häfen mit der Möglichkeit LNG zu tanken an. Wie es dann in der Karibik ausschaut, wenn die Mardi Gras von Carnival unterwegs sein wird, wird man in absehbarer Zeit sehen. Zudem wird LNG durch sogenanntes Fracking gewonnen, welches ebenfalls erhebliche Risiken mit sich bringt. Verunreinigung von Trinkwasser, künstliche Erdbeben, Ausstoss von Mengen von CO2 sind nur einige der Risiken, die LNG-Gewinnung mit sich bringt – aber dies ist ein anderes Thema.
Hybridschiffe
Mit der Roald Amundsen und der Fridtjof Nansen hat Hurtigruten eine neue Ära in der Schifffahrt eingeleitet. Die beiden Schiffe sind nämlich sogenannte Hybridschiffe und werden durch Erdgas, Biogas oder Batteriestrom betrieben, je nach Einsatzgebiet. Hurtigruten will somit die CO2 Emissionen um 20% verringern und die Umwelt dadurch weniger belasten. Besonders in den Regionen, in denen das Schiff unterwegs ist, macht es besonders Sinn. In der Antarktis und Arktis kommen zudem die beiden Azipods und der sogenannte Axt-Bug ins Spiel, welche die Trennung von den Eisschollen weniger belasten soll. Auch diese Art von Betrieb wird in den kommenden Jahren immer mehr an Bedeutung gewinnen.
Luftschmierung bei Kreuzfahrtschiffen
Aber nicht nur durch Scrubber oder speziellem Treibstoff können Emissionen gesenkt werden, auch mit speziellen Techniken am Rumpf kann der Treibstoff gesenkt werden und somit auch die Emissionen. Mit der Quantum Klasse von Royal Caribbean International kam das Luftschmierungssystem erstmals in der Kreuzfahrtindustrie zur Anwendung. Dabei bilden kleine Luftbläschen unter dem Rumpf eine sogenannte Schmierung, bei der der Widerstand zwischen Wasser und Rumpf durch die Reibung des Wassers reduziert wird. Folglich wird der Treibstoffverbrauch reduziert, da das Schiff besser im Wasser «gleitet».
Biofouling
Ein Schiff, das im Wasser schwimmt, entwickelt einen enormen Widerstand. Je grösser das Schiff ist, desto grösser auch der Widerstand im Wasser. Folglich bedeutet das, dass mehr Treibstoff für die Fahrt benötigt wird. Durch die Lackierung und den speziellen Aufbau eines Schiffes soll dieser Widerstand aber möglichst gering ausfallen. Jedoch bestehen auch im Wasser Lebewesen, Muscheln, Mikroorganismen, welche den Rumpf befallen und somit das Schiff schwerer machen. Der Widerstand ist dadurch wieder grösser und das Schiff benötigt je nach dem bis zu 30% mehr Treibstoff. Deshalb gehen Kreuzfahrtschiffe regelmässig in Trockendocks, um solche Wartungsarbeiten zu vollziehen. Aufgrund dessen werden bei Kreuzfahrtschiffen spezielle Lackierungen wie Silikon verwendet, um den Treibstoffverbrauch durch Biofouling zu senken. Man bedenkt auch, dass ein Kreuzfahrtschiff permanent unterwegs ist und so auch ganze Ökosysteme zerstört, da Mikroorganismen und Lebewesen in Gewässer transportiert werden, wo sie nicht hingehören. Umso mehr machen diese Beschichtungen Sinn!
Dynamic Positioning
Eine weitere Entwicklung in der Kreuzfahrtbranche ist das sogenannte Dynamic Positioning. Früher wurde, wenn ein Schiff vor Anker lag, immer per Anker angelegt und zerstörte so je nach dem den Meeresboden geschweige denn ganze Lebensräume durch Absterben von Riffen. Heutzutage sind Kreuzfahrtschiffe mit dem sogenannten Dynamic Positioning ausgestattet, bei welchem die Koordinaten per Computersystem eingegeben werden und das Schiff durch die permanente Ausrichtung durch die Motoren in Position bleibt. So wird verhindert, dass der Meeresboden zerstört wird und somit auch unsere Umwelt um ein Stück geschützter bleibt.
Schlusswort
Man sieht also deutlich, dass die Kreuzfahrtbranche einiges in die Zukunft investiert, um Umwelt und Mensch zu schützen. Natürlich ist man noch lange nicht dort, wo man sein sollte im Jahre 2019, doch auf einem guten Weg ist die Kreuzfahrtbranche definitiv. Wie bereits am Anfang erwähnt, sind momentan «nur» 300 Kreuzfahrtschiffe unterwegs, welche Zeit für Zeit mit den oben genannten Techniken aufgerüstet werden, während dem über 52'000 Cargo- und Frachtschiffe unterwegs sind, welche immer noch mit Schweröl oder Marinediesel fahren, ohne irgendwelche Abgasnachbehandlungssystemen.
Deshalb, so finde ich, sollte man sich zuerst Gedanken mache, ob man denn wirklich eine nicht saisonale Mango aus den Philippinen oder Brasilien kaufen muss, bevor man mit dem Kreuzfahrtbashing loslegt. Klar sind Kreuzfahrtschiffe zur reinen Bespassung hier, jedoch wünsche ich mir, dass der Mensch wieder wegkommt von all den Fake News und sich ein eigenes Bild über die Branche macht, bevor man Vorurteile aufbaut. Und noch was: unser globales Klimaproblem fängt nicht bei der Kreuzfahrtbranche an und hört dort auch nicht auf!